Stenografie hab ich nicht kapiert
Ich
bin an einem Sonntag im April 1967 zur Welt gekommen.
Mein Weltbild der frühen Jahre war geprägt von „Lou Grant“ (TV-Serie, spielte in einer Zeitungsredaktion) und dem Gebot, beim „Internationalen Frühschoppen“ (schon wieder Sonntag!) den Mund zu halten. Daraus folgerte ich, dass Journalisten wichtige Leute sind.
Wollte ich auch werden!
Um für den Ernstfall zu trainieren, schrieb ich meine Artikel für die Schülerzeitung morgens in der Straßenbahn. Stehend.
Nachmittags hackte ich auf die Schreibmaschine ein. Stenografie hab ich nicht kapiert. Würde es eine Zukunft ohne Notizblock geben?
Der Walkman war 1977 noch nicht erfunden, aber mein Kassettenrecorder hatte immerhin ein Mikrofon. Mit 14 durfte ich Artikel für eine Stadtteilzeitung schreiben. Nein, nicht über Kaninchenzüchter! Gleich das, was mich am meisten interessiert: Politik.
Abi ‘86, Berufsberatung: „Journalistin wollen Sie werden? Tja, das wollen viele…“
An der Uni traf ich Gleichgesinnte. Wir gründeten ein Kabarett, eine Werbeagentur, eine Satire-Zeitung …
Die ersten Honorare in Technik investiert: Atari-Computer und 9-Nadel-Drucker.
Ob „worldwideweb“ eines Tages auch für Privatleute nutzbar sein könnte? Im Medienzentrum lernten wir den korrekten Umgang mit Röhrenkameras und Zwei-Maschinen-Videoschnitt.
Das Musikvideo war 1987schon erfunden. Der CD-player auch, aber den konnten Studenten sich nicht leisten!
Wir Germanisten mussten über eine Rechtschreibreform diskutieren, die im nächsten Jahrtausend tatsächlich eingeführt wurde.
Adolf-Grimme-Institut, drei Jahre später.
„Wer will als Techniker die Sendung fahren?“ „Ich!“; „Wer will Musikredaktion
machen?“ „Auch ich!“ „Diana! Du hast drei Beiträge produziert, alle Texte
getippt, die O-Töne geschnitten — willst du vielleicht auch noch moderieren?!“
Am liebsten hätte ich „ja“ gesagt …
Radio machen ist „flow“, ein Glücksrausch!
Schade, dass es nur ein Spiel war, Professionalisierung für den neuen Bürgerfunk. Zum Abschluss: ein Mitschnitt auf Kassette. Und das Versprechen des Seminarleiters, meine Arbeitsproben einer echten Radio-Redaktion anzubieten.
An einem Montag im April 1990, genau an meinem 23. Geburtstag, klingelte das Telefon. Redaktion „Riff, der Wellenbrecher“, das Jugendradio-Magazin auf WDR 1 — ob ich freie Mitarbeiterin werden möchte? (jajajaaa!!!)
Seitdem lebe ich von reden & schreiben.